In den USA schätzt man die Zahl der Betroffenen, die unter chronischen und wiederkehrenden Immunreaktionen und Entzündungen im Verdauungstrakt leiden , auf 1,4 Millionen Menschen, in Deutschland auf 320000. (1)*
Die häufigsten chronisch entzündlichen Darmerkrankungen sind Colitis ulcerosa und Morbus Crohn.
Klinische Studien an Menschen laufen erst seit Kurzem, doch aus Tests an Rhesusaffen, die in Gefangenschaft ebenfalls an speziellen entzündlichen Darmerkrankungen leiden können, wissen wir bereits viel darüber, inwiefern Würmer hier tatsächlich eine Heilung einleiten können. Tierärzte waren bei der Behandlung erkrankter Affen, die stark abnahmen und dehydrierten, lange ratlos.
Inzwischen weiβ man, dass es den meisten Betroffenen Affen besser geht, sobald man ihnen die Eier des Peitschenwurms verabreicht.(2)*
Um genauer zu verstehen, was sich im Darm der Affen verändert hatte, untersuchte man vor und nach der Behandlung Proben aus der Dickdarmschleimhaut.
Vor der Impfung mit den Wurmeiern war die Schleimhaut der Affen ungewöhnlich vielen Bakterien eines bestimmten Stamms besiedelt, der offenbar das Immunsystem übermässig aktivierte und eine CED (Chronisch-Entzündlichen Darmerkrankungen) auslöste.
Nach der Behandlung veränderte sich diese Reaktion parallel zur Veränderung in der Art und Menge der Bakteriengemeinschaften. Gleichzeitig ging auch die Entzündungsbereitschaft zurück, denn bestimmte Gene drosselten ihre Aktivität.
Diese Studie von einem Team der Universität New York und der kalifornischen Universität San Francisco ist keineswegs die erste ihrer Art.
Auch Menschen wurden bereits in kleinen Studien die winzigen Eier des Schweinepeitschenwurms (Trichuris suis) verabreicht und konnten CED-Symptome verringern.(3)*
Es wusste nur lange niemand, woran das lag. Inzwischen verstehen wir den Mechanismus: Durch den Kontakt mit diesen Eiern wird das Gleichgewicht der Mikrobengemeinschaften auf der Darmwand normalisiert. (Und, nein, es schlüpfen keine Larven aus den Eiern, und es werden auch keine Eier oder Würmer ausgeschieden.)
Dabei wäre noch zu erwähnen, dass chronische Darmentzündungen in Entwicklungsländern, wo Wurminfektionen häufig vorkommen, kaum zu beobachten sind.
Wie die Alzheimer Krankheit ist auch das Reizdarmsyndrom vornehmlich eine Erkrankung der entwickelten Länder wie den USA und Europa.
Das unterstützt die Glaubwürdigkeit der Hygienehypothese – zu viel Sauberkeit kann nach hinten losgehen. Vielleicht finden wir eines Tage weitere Parasitentherapien für CED und andere entzündliche Erkrankungen.
Gegenwärtig laufen Versuche zum Einsatz von Wurmeiern gegen Kolitis, Asthma, rheumatoide Arthritis, Lebensmittelallergien und Typ-1-Diabetes.
In den Worten der Wissenschaftsjournalistin Katherine Harmo Courage klingt das so:
“Vielleicht sollte man sie einfach als Probiotika-kaviar betrachten.“(4*)
(1)* Zahlenangaben für Deutschland laut: “Darmerkrankungen: Chronisch oder temporär? Kompetenznetz Darmerkrankungen e.V., Kiel. Zugriff 30. September 2015.http://www.kompetenznetz-ced.de/darmerkrankungen.html.
(2)* M.J. Broadhurst, et al.,”IL-22+CD$+T Cells Are Associated with Therapeutic Trichuris Trichiura Infection in an Ulcerative Colitis Patient,” Sci Transl Med 2, no.60 (Dec 1 2010): 60ra88. Doi: 10.1126/scitranslmed.3001500.
(3)* R.W. Summers, et al., “Trichuris suis Therapy for Active Ulcerative Colitis: A Randomized Controlled Trial,” Gastroenterology 128, no.4.(April 2005): 825-32
(4)* Katherine Harmon Courage, “Parasitic Worm Eggs Ease Intestinal Ills by Changing Gut Macrobiota, ” Scientific American Blogs, November 15, 2012. Zugriff 30.September 2015 http://blogs.scientificamerican.com/observations/2012/11/15/parasitic
Quelle: „Scheiss schlau“ Dr.David Perlmutter
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